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Tod dem Mondschein

Einige Notizen zur Ästhetisierung von Technologien im Futurismus und der neueren Science Fiction

Von Felix Keller

Inwiefern unterscheiden sich "Technik" und "Kultur"? Wo beginnt der Bereich der Technologie, wo derjenige der Kunst? Ist dies, ob der gewichtigen Probleme, die sich über die tiefgehenden technologischen Umbrüche und "Folgewirkungen" stellen, nicht eine müssige Frage?

Dass Technologien gesellschaftliche Strukturen und Lebenswelten weitreichend verändern, ja gar substantiell bedrohen, darüber scheint auch bei sonst gegensätzlichen Standpunkten weitgehend Einigkeit zu bestehen. Ebenso wird das Verabschieden einer maschinenorientierten Industriegesellschaft gemeinhin als eines der weitreichendsten Elementen des sozialen Wandels aufgefasst. Meint in Anbetracht dieser Bedeutungsschwere die Frage nach der Ästhetisierung der Technologien nicht bloss eine Frage nach der beschönigenden Oberfläche? Eine möglicherweise falsche Frage nach dem Ornamentalen, das den Blick vom Wesentlichen auf das bloss Gefällige lenken will?
Indes: Kunst und Technik waren lange Zeit nicht zu trennen. Die griechische techne bezeichnete sowohl Kunst wie auch spezifische Fertigkeiten, also "Techniken". Dass ein Mensch sich als "Künstler" bezeichnete, war lange Zeit schlicht nicht vorstellbar.(0) Herstellung von etwas war immer schon Kunst, wie sich am Beispiel der Architektur, die weder "reine" Technik noch "blosse" Kunst ist, unschwer erkennen lässt. Dass der Aspekt der techne ob dem oft beschworenen Gegensatz von Technik und Kultur keineswegs verschwunden ist, hat zu Beginn dieses Jahrunderts der Futurismus als eine der ersten Avantgarde der Moderne nachhaltig gezeigt.

Inwiefern das Technologieverständnis und die Ästhetik des Futurismus in aktuellen kulturellen Bewegungen wieder auftauchen, die mit einem Kult um "Cyberspace" und "Cyborg" inzwischen wesentliche Deutungen der Gegenwart liefern (mit "Cyberspace", "Matrix", "virtuelle Realität" seien nur einige der Begriffe genannt, die im wesentlichen von der Science Fiction geprägt sind) ist keineswegs einfach zu beantworten. Indessen stellen gerade diese beiden "Ästhetisierungswellen" von Technologien die Frage nach dem Gehalt einer immer wieder hochgehaltenenen Bedrohung der kulturellen bestimmten Lebenswelten durch eine Unterwerfung unter technologische Rationalität.

Welt ohne Mondschein: der Futurismus

Bevor sich eine eigentliche futuristische Kunst oder Literatur abzuzeichnen begann, hatte sich die futuristische Bewegung bereits als ein karnevaleskes Spektakel in den grösseren Städten inszeniert, was dem Futurismus durchaus den Charakter einer "sozialen Bewegung" verlieh. Die Anfänge der futuristischen Avantgarde sind denn nicht unbedingt in einem gewissermassen "paradigmatischen Kunstwerk" zu suchen, das ein neues kulturelles Verständnis einleitete, sondern in einem 1909 von F. T. Marinetti verfassten Manifest. In dieser Schrift beabsichtigte der Literat "eine systematische Denunziation des Antiken, des Alten, des Langsamen, des Gelehrten".(1) Auf kultureller Ebene war es vornehmlich die etablierte Kunst der Akademien und Museen, gegen die sich die futuristische Bewegung wandte. Nach Ansicht der Futuristen hatte sich diese von der Lebenswirklichkeit längst entfernt. Gegen die "romantische Doktrin des ‘Organischen’",) der verklärten Natur, artikulierte Marinetti "... eine enthusiastische Glorifizierung der wissenschaftlichen Entdeckungen und des modernen Mechanismus".

Die moderne Technologie faszinierte insbesondere in ihren neuen Möglichkeiten, Zeit und Raum über maschinengetriebene Fortbewegungsmittel zu überwinden. "Zeit und Raum sind gestern gestorben", schrieb Marinetti mit unverhohlenem Pathos, "wir leben bereits im Absoluten, denn wir haben schon die ewige gegenwärtige Geschwindigkeit geschaffen". Die Naturverherrlichung der Romantik, des Symbolismus und Ästhetizismus wurde lediglich noch mit Verachtung begegnet. Dem "Mondschein" war "der Tod" angesagt. Diese radikal umgestalteten Lebensverhältnisse, welche die Futuristen zu begreifen und zu ästhetisieren versuchten, erforderten indes auch eine neue Auffassung des menschlichen Wesens. Der Mensch bildete nun keineswegs mehr ein Gegensatz zur Maschine, sondern eine enge Verwandtschaft wurde offenbar. Die "Verschmelzung von Kunst + Wissenschaft, Chemie, Physik, beständiges Feuerwerk, bringen unerwartet das neue automatisch sprechende Wesen hervor, das schreit und tanzt", wird in einem weiteren Manifest dieses neue Maschinenwesen umrissen - ein Wesen, das sich mimetisch der Kraft und Energie der Lokomitiven, Dampfmaschinen und Fabriken der Industriegesellschaft annähert. Damit sah der Futurismus "die Ära der grossen mechanischen Individualität angebrochen", die ein anderes Menschenbild in Anlehung an die Ästhetik, Logik und Energie der Maschinen des Industriezeitalters umfassen sollte: "Der für eine allgegenwärtige Geschwindigkeit geschaffene ahumane und mechanische Typus", so erwartete ein weiteres Manifest, "wird natürlich grausam, allgegenwärtig und kampfbereit sein". Hierin kommt in der Bewegung auch ein bis zum Exzess gesteigerter Vitalismus zum Ausdruck, der unter mechanischer Panzerung nichts anderes als die Sehnsucht nach der Negation von allem, seiner Zerstörung verbirgt. Der Krieg erscheint letztlich als die "einzige Hygiene" der Welt.

Eine Ästhetik des technologischen "Schocks"

In dem Versuch, "auf brutale Weise das Leben in die Kunst einzuführen", in der damit einhergehenden Negation der etablierten kulturellen Ordnung, darf der Futurismus geradezu als Idealbild einer avantgardistischen Bewegung betrachtet werden, die mit ästhetischer und politischer Programmatik eine sich verselbständigende kulturelle Sphäre wieder mit der Realität veränderter Lebensverhältnisse konfrontieren wollte. Die futuristische Avantgarde bediente sich dabei der rhetorischen Mittel des Schockierenden, des Karnevalesken, der "ästhetischen Usurpation", die die harmonischen Verklärungen der romantischen Kultur ironisch mit einer dagegen gewendeten Verklärung des Maschinellen, der Technologien zerstört. Der veränderten Lebenswirklichkeit näherte sich der Futurismus indes nicht über realistische Darstellungen, sondern über den Versuch einer mimetischen Annäherung an die Logik des Maschinellen. Die Ästhetisierung konnte nicht als eine realistische Repräsentation erfolgen, die einer überkommenen Kunstauffassung entlehnt wäre, sondern mussten sich auch in der Form der Geschwindigkeit, der Fragmentierung an das industrielle Zeitalter angleichen.

Für den Literaturwissenschafter Peter Bürger ist es gerade das Ziel avantgardistischer Projekte, Kunst von einer verselbständigten, folgenlosen Ästhetik in die "Lebenspraxis" zurückzuführen.(3) Diese Rückführung gestaltet sich jedoch keineswegs in Form einer pädagogischen, aufklärerischen Offensive, eher könnte sie entlang der Arbeiten Walter Benjamins als eine Form eines "ästhetischen Schocks" begriffen werden, der eben die verhüllende und verklärende "Aura", die die Gesellschaft mit dem Natürlichen und der hohen Kultur versöhnen wollte, zertrümmert.(4) Benjamin diskutiert eine "Ästhetik des Schocks", wie sie etwa der Surrealismus zelebriert, als eine Kritik an der Auffassung der Kunst als etwas homogenes, monolythisches, das gleichsam losgelöst über der Gesellschaft schwebt. Über einen karnevalesk inszenierten ästhetischen Schock wird dieser Schein ebenso zerstört wie die harmonische Vorstellung einer mit sich selbst in Einklang stehenden Gesellschaft.(5) Von ihren anarchistischen, dekonstruktivistischen Anfängen wandte sich die futuristische Bewegung indes zusehends ab und hob das Begehren nach Zerstörung immer stärker hervor, eines Begehrens, das letztlich seine Aufhebung in jener politischen Bewegung fand, welche die maschinell-industrielle Vernichtung auf alle Bereiche des Lebens am nachhaltigsten durchsetzte.

Das Ende der Humanoiden - die Ästhethisierung von Technologien in der neueren Science Fiction

In mancher Hinsicht gleichen aktuelle kulturelle Bewegungen, die um einen eigentlichen "Cyber" - Kult die neuen Technologien als Bestandteil alltäglicher Lebenspraxis ästhetisiert, in ihrem Impetus durchaus der futuristischen Avantgarde. Diese neue Bewegung ist in ihrer formalen und inhaltlichen Ausgestaltung am ehesten in der Science Fiction - Literatur zu erkennen, die selbst Funktion der Extrapolation technologischer Entwicklungen, von marginalen kulturellen Milieus gepflegt, aufgegeben hat und sich zum Ort der literarischen Auseinandersetzung mit dem Gegenwärtigen gewandelt hat. Entstanden ist diese Bewegung wahrscheinlich aber in der Pop Musik.(6) In Abgrenzung des Idealismus und Romantizismus der Protestkultur der 68er Bewegung und des Hippiekults artikulierte sich eine Kultur des technoiden, nihilistischen New Wave und Punk, des "No Future". Während sich die Protestsongs der 60er und 70er Jahre noch mit akkustischer Gitarre und nach Liederbuch gemeinsam in freier Natur singen liessen, war New Wave und Punk ohne Elektronik, ohne geballte Kilowatts elektronischer Verstärkung nicht denkbar. Elektronik, jenes neue Element des technologischen "Wandels", war flugs keineswegs ein äusserliches, bedrohendes Element der Protestkultur mehr, sondern Bestandteil der ästhetisierten Lebenswelt selbst. Literarisch fand diese Bewegung ihren Ausdruck in einer neueren Welle von Science Fiction Stories und Romanen, die bald ein breiteres "Lebensgefühl" ausdrückten. Cyberpunk, ein Kunstwort aus der Verbindung von cybernetic und punk, Cyborgs, wiederum gebildet aus cybernetic und organism sowie Cyberspace, ein Begriff, der Computertechnologie mit sinnlich wahrnehmbaren Raum verbinden will, werden zu Leitmetaphern einer neuen kulturellen Bewegung, die sich gegen die "anti-artifizielle, antitechnische Ästhetik der Gegenkultur" der siebziger Jahre wandte und das Element des Sprachlichen, des Codes, der kybernetischen Informationsverarbeitungen über dasjenige des a priori existierenden Natürlichen stellt.(7) Wie der Futurismus wollen die Manifestationen des Cyberpunk und der Science Fiction Kultur die etablierte kulturelle Ordnung, die sich von der Realitätswahrnehmung entfernt hat, unterwandern und Technologien als Bestandteil und nicht als ein Aussen der Lebenswelt verstehen. In einem der Manifeste, welche diese Science Fiction-Bewegungen begleitete, schreibt Bruce Sterling, einer der Apologeten der Bewegung:

"The cyberpunks are perhaps the first Science Fiction generation to grow up not only within the literary tradition of Science Fiction but in a trurely science-fictional-world." (8)

Die literarische Funktion des Science Fiction wandelt sich unversehens von blosser wissenschaftlich begründeter Fiktion zur Benennung des alltäglichen Lebens. William Gibson, dem die Rolle eines Gründers des Cyberpunk-movements zugesprochen wird, formuliert dies ähnlich wie Sterling: "Readers who think that Science Fiction is ‘about’ future are naive - people have to live with things far grimmer and stranger than what’s found in the most Science Fiction. This is the future."(9)

Gemeinsamkeiten und Differenzen in der Ästhetisierung des technologischen Schocks

Sowohl der Futurismus wie der Cyberpunk fassten sich gegen eine Verklärung des "Natürlichen", gegen eine von Romantik verbrämten Harmonie der Natur und menschlichen Gesellschaft. Beide Bewegungen nahmen die Technologie in ihren Darstellungen auf, um zu verwirren, um in einem semiotischen Karneval Eingefahrenes zu überwinden und eine als lebensfern empfundene "Kultur" umzugestalten. Auch die rhetorischen Mittel des Futurismus und des Cyberpunk gleichen sich in gewisser Hinsicht: über eine Ästhetisierung des technologischen Schocks, den das Industriezeitalter und die anbrechende "Informationsgesellschaft" gleichermassen bereiteten, soll versucht werden, die Lebenswelten neu zu begreifen. Dies bedarf aber beide Male einer Verabschiedung der etablierten kulturellen Ordnung, in der sich die Bewegungen nicht mehr repräsentiert sehen, die als "lebensfremd" empfunden werden. In karnevalesken Veranstaltungen, die den Futuristen wie die (Cyber)punks gleichermassen inszenierten, wird ihre "Weltfremdheit" ironisierend verabschiedet.

Die Gemeinsamkeiten zwischen Futurismus und Cyberpunk erschöpfen sich indessen bald. Einerseits traten die Futuristen als Avantgarde auf, die beinahe manichäisch Neues zelebrieren und Altes zerstören wollte. Die neuere Science Fiction - Bewegung darf indessen unbestritten als Bestandteil einer kulturellen Postmoderne verstanden werden, die sowohl Konstruktionen wie "Neu" und "Alt" ebenso wie diejenige der Avantgarde verwirft (wobei offengestellt ist, wie Terry Eagleton dies vermutetet, ob die Postmoderne nicht selbst eine Form der Avantgarde darstellt).(10) Ein Kunstwerk oder eine literarische Arbeit hat nicht mehr den Anspruch auf Originalität, auf Wahrheit oder Echtheit, sondern baut als eine Art grosse Pastiche verschiedenste Äusserungsformen ein, nimmt Fragmente vergangener Diskurse und Ästhetiken spielerisch auf und verfremdet damit jeden Anspruch, etwas Kohärentes, Einheitliches zu repräsentieren. Ein weniger autoritärer Duktus im Umgang mit dem Anderen ist die Folge, der die "Führungsfunktion" einer kultureller Elite, wie sie im Avantgarde-Gedanken noch vorhanden ist, als obsolet erscheinen lässt. Die von Kitsch überfrachtete ausgiebige Darstellung eines Sonnenuntergangs am Meeresstrand in einem Schlüsselroman des Cyberpunk mag für einen solchen Umgang mit dem vergangenen Anderen stehen, welche die Science Fiction-Bewegung hinter sich gelassen hat. Die Szenerie frönt unverhohlen der Naturromantik - aber sie ist, wie kann es auch anders sein, bloss computertechnisch generiert. Das "Naturschöne" ist damit keineswegs verbannt, vernichtet, sondern in einem Tableau anderer Ästhetiken als ironisches Zitat nach wie vor möglich.(11)

Vielleicht steht dieser respektlose Charakter der neueren Ästhetisierungen, der Organisches, Romantisches, zuweilen Mystisches unverfroren mit "rein" Technischem vermengt und vielleicht gerade deswegen mit autoritären politischen Programmen wenig anzufangen weiss, auch mit der Art der Technik zusammen, welche die Lebensverhältnisse bestimmt. Die Maschinen des Industriezeitalters forderten eine bestimmte hierarchisch-autoritäre Struktur der Produktion und Reproduktion, sie sind stets ein Aussen des menschlichen Körpers, können ihn mit roher Gewalt zerstören, vernichten. Die neuen kybernetischen Technologien arbeiten indes mit Sprache, dem ureigensten Mittel der menschlichen Lebenswelten, produzieren Information, verändern Wahrnehmung, Gedächtnis und drohen ob der Menge der Datenströme, Versuche der autoritären Festschreibung von "Sinn" und "Bedeutung" immer wieder zu unterwandern. Eine futuristische Utopie lässt sich vor dem Hintergrund dieser potentiell semiotisch subversiven Technologien kaum mehr artikulieren, nur ein verschmitztes Registrieren unzähliger Heterotopien. Ob damit lediglich die Anfänge der Ästhetisierung neuer Technologien dargestellt ist, sei dahingestellt, vielleicht taucht auch in dem Zeichengewirr der neuen Science Fiction Welt unversehens die Grimasse einer neuartigen autoritären Ordnung auf; zumal sich auch der Futurismus zu Beginn chaotisch, ironisch und dekonstruktiv gezeigt hatte. Diejenige technologische Ästhetik und gesellschaftliche Ordnung jedoch, die der Futurismus letztlich artikulierte, erscheinen einem "Helden" in einer Erzählung von William Gibson lediglich noch als "semitioscher Spuk", als Tag-Albtraum einer "perfekten", aber merkwürdig leeren, maschinellen Welt.(12)

Was die eingangs gestellte Frage betrifft, nämlich nach dem Gegensatz von Kunst und Technologie: so scheint sie in der Tat falsch gesellt. In kulturtheoretischer und soziologischer Hinsicht erscheint die Kultur gemeinhin als bedrohte Exklave des noch Menschlichen gegenüber den unterwerfenden Mechanismen technischer Rationalität. Der, beinahe "hausmütterlich" aufzufassenden Aufgaben der Kultur, nämlich konsensfähige Deutungsmuster zu liefern und einer Sinnentleerung in der modernen Welt entgegenzuwirken, stehen in etablierter Theorie die kalten Mechanismen ökonomischer und technischer Rationalität gegenüber, welche die von kulturellen Verständigungsmustern notbehelfs zusammengehaltenen Lebenswelten zu unterwerfen drohen.(13) Technik oder Technologie werden stets als ein "Aussen" der Kultur betrachtet, eines Aussen, das wiederum die "Funktionen" der Kultur nachhaltig verändert, stört, oder gar unterwirft.(14)

Bezeichnenderweise sind es gerade zwei kulturelle Bewegungen, welche die "Aporien" dieser "falschen" Gegensätze aufnehmen und über eine Ästhetisierung der Technik die problematischen Oppositionen hinterfragen, ja destruieren. Allenfalls müsste in der Sichtweise sowohl des Futurismus wie der neueren Science Fiction nicht von einer kulturellen Entfremdung durch die Technologie sondern gerade über die Kultur selbst gesprochen werden, die sich in einem zunehmenden Autonomisierungsprozess von den "konkreten" Lebensverhältnissen abgelöst hat. Die kulturellen Bewegungen, die eine Ästhetisierung der Technologie vornehmen, verwerfen, unterwandern und verunsichern damit etabliertes soziologisches Ordnungsdenken. Ihnen zu lauschen wäre auch eine Möglichkeit für das Verständnis des Gegenwärtigen. Schlussendlich ist noch niemand von einem Computer erschlagen worden.

Fussnoten:

0 Vgl. hierzu die "klassischen" Ausführungen von Ernst Gombrich (Die Geschichte der Kunst, Belser, Stuttgart und Zürich, 1986, S. 29) über die "seltsamen Anfänge" der Kunst.

1 Vgl. zur Darstellung des Futurismus: Schmidth-Bergmann, Hansgeorg (1993): Futurismus. Geschichte, Ästhetik, Dokumente. Reinbek bei Hamburg: Rohwolt. Sowie: Appollonio, Umbro (1966): Der Futurismus. Manifeste und Dokumente einer künstlerischen Revolution 1909-1918. Schauberg: DuMont. Diesen Werken sind auch die Zitate der einzelnen Manifeste entnommen.

2 Vgl. zur kultursoziologischen Deutung des Futurismus: Hauser, Arnold (1988): Soziologie der Kunst. München: Beck, S. 724 ff.

3 Bürger, Peter (1974): Theorie der Avantgarde. Frankfurt a. Main. Suhrkamp, S. 29.

4 Vgl hierzu Benjamin, Walter (1997): "Die Zertrümmerung der Aura", in: Gesammelte Schriften I.2, S. 439 ff. Die Zetrümmerung der Aura wird hierin im Kontext einer technischen Reproduzierbarkeit des Kunstwerk betrachtet.

5 Vgl. Zima, Peter V. (1995): Literarische Ästhetik. Tübingen und Basel: Francke, S. 143 f.

6 Vgl. zur Darstellung der Geschichte des Cyberpunk: Spinrad, Norman (1995): "Die Neuromantiker". Nachwort zu William Gibson: Neuromancer. Heyne: München. S. 349-366. Sowie: Sterling, Bruce, 1986, "Preface" in (derselbe)(Hrsg.): Mirrorshades. The Cyberpunk Anthology, New York, Arbor House, vii-xiv.

7 Spinrad, a.a.O., S. 357. Zum Primat des Codes über die Natur vlg. Haraway, Donna (1995): Ein Manifest für Cyborgs." In: Die Neuerfindung der Natur. Primaten, Cyborgs und Frauen. Frankfurt a. Main, New York: Campus.

8 Sterling, a.a.O, S. IX.

9 Interview mit Willaim Gibson, zitiert nach Olsen, Lance (1992): William Gibson. San Berardino, California., S. 10f.

10 Vgl.l zur Darstellung der Postmoderne in der ästhetischen Diskussion: Eagleton, Terry (1994): Ästhetik. Die Geschichte ihrer Ideologie. Stuttgart, Weimar: Metzler.

11 Gibson, Neoromancer, a.a.O.

12 Gibson, William (1994): "Das Gernsback Kontinuum", in (derselbe): Vernetzt. Johnny Mnenomic und andere Geschichten. Franfurt a. Main. Rogner & Bernhard.

13 Vgl. Jürgen Habermas (1988): Theorie des kommunikativen Handelns. Zweiter Band. Frankfurt a. Main: Suhrkamp, S. 212 ff. und Jürgen Habermas (1969): "Technischer Fortschritt und soziale Lebenswelt", in (derselbe): Technik und Wissenschaft als ‘Ideologie’, Frankfurt a. Main: Suhrkamp, S. 104 - 119.

14 Die Tatsache, dass die moderne Technik in die ursprünglichen Lebenswelten eingebrochen ist, stellt für Berger, Berger und Kellner gerade ein Bestandteil des "Unbehagens in der Modernität" dar.

15 Gleiches, wenngleich mit weniger apokalyptischem Duktus, lässt sich in Becks Beschreibung der "Risikogesellschaft" (Frankfurt a. Main: Suhrkamp, 1986, S. 324 ff.) nachlesen.


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23.01.02 15:40


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