|
|
|
|
|
[Inhaltsverzeichnis]
[vorheriger]
[nächster]
|
Die ganze Welt spricht seit kurzem vom "Netz der Netze". Man könnte meinen, dass
diejenigen, die sich nicht schon bald online schalten, langsam aber sicher zu sozialen
Outsidern verkommen. Wie war eine solche Entwicklung in so kurzer Zeit überhaupt
möglich? Hier ein kleiner Blick in die Vergangenheit des Internet - und in die Zukunft.
|
Der Computer wird zu Recht als die Erfindung des Jahrhunderts bezeichnet. Er veränderte
unsere Gesellschaft so nachhaltig wie wenige andere Erfindungen zuvor. Das jetzige
Zeitalter der Mikrochips eröffnet uns noch nie dagewesene Möglichkeiten in fast allen
Bereichen des Lebens.
|
Doch je länger je mehr kommt zum eigentlichen Arbeitsinstrument Computer eine weitere
Komponente hinzu, die immer bedeutender wird: Netzwerke. Computernetzwerke arbeiten
zwar meist im Hintergrund und sind gegen aussen dementsprechend unauffällig, doch
übernehmen sie mittlerweile ungeheuer wichtige Aufgaben. Ohne solche Netzwerke würde
heutzutage keine Bahn mehr fahren und kein Flieger mehr fliegen. Banken und Börsen
wären lahmgelegt, die meisten Armeen könnten keine Kriege mehr führen und
internationale Grossunternehmen hätten ein Kommunikationsproblem. Sei es am
Bahnschalter, am Bankomat oder an der EC-Kasse: im Hintergrund steht immer ein
Netzwerk, das die einzelnen Computer verbindet und ihnen ermöglicht, zentrale
Informationen schnell und einfach abzufragen. Seit einigen Jahren ist nun eines dieser
Netzwerke in aller Munde: das Internet. Das Internet ist insofern ein Spezialfall, als
dass es das erste Netz ist, das kommerziell genutzt werden kann. Deshalb ist es wohl
auch so populär. Denn die Zeiten, in denen der Zugriff auf Netzwerke nur ein Privileg
von geschulten Informatikern war, sind spätestens seit dem World Wide Web vorbei. Und
das ist eigentlich noch gar nicht so lange her, wenn man ein Auge auf die Geschichte
wirft.
|
Ursprünglich eine militärische Idee
|
Der Grundgedanke zu dem, was man heute als Internet kennt, stammt aus den frühen
sechziger Jahren. Mitten im Kalten Krieg hatte die amerikanische Armee die Vision, ein
Netzwerk zu bauen, das imstande wäre, einen Atomkrieg zu überstehen. Doch wie müsste
ein solches Netz gebaut sein? Vor allem müsste es vom Gegner weder identifiziert noch
zerstört werden können. Und hier lag auch die eigentliche Innovation der Überlegung:
das Netz dürfte von keiner zentralen Autorität aus gesteuert werden, sondern aus lauter
kleineren, gleichberechtigten Knotenpunkten bestehen, die untereinander verkettet sein
sollten. Dies hätte den Vorteil, dass das Netzwerk auch dann noch funktionieren würde,
wenn es teilweise zerstört oder zerschnitten wäre. Ohne zentrale Recheneinheit hätte
der Gegner ausserdem keine Zielscheibe.
|
Eine weitere Innovation lag darin, dass das Netz nicht leitungsvermittelt, sondern
paketvermittelt arbeiten sollte. Ein leitungsvermitteltes Netz baut eine Verbindung
zwischen Sender und Empfänger auf, übermittelt die Nachricht und baut die Verbindung
anschliessend wieder ab. Ist das Kabel oder eine Schaltstelle lädiert, kann nichts
übermittelt werden. Ein paketvermitteltes Netz arbeitet anders: die zu übermittelnde
Nachricht wird zuerst in Pakete zerschnitten, darauf wird jedes Paket einzeln auf
separatem Weg übers Netz geschickt. Natürlich enthält jedes Paket eine Ausgangs- und
Zieladresse und eine Nummer, so dass die Stücke am Zielort wieder zur Nachricht
zusammengesetzt werden können. Geht ein Stück verloren, wird es erneut angefordert. Ein
solches Netz strotzt zwar nicht vor Effizienz, ist dafür umso robuster. Für
militärische Belange also ideal.
|
Die Verwirklichung eines solchen Netzwerkes musste dann aber noch einige Jahre warten.
Im August 68 gab die dem amerikanischen Verteidigungsdepartement unterstellte Advanced
Research Projects Agency (Arpa) einen Auftrag an ein amerikanisches
High-Tech-Unternehmen, ein Netzwerk zu bauen, das vorerst die Unis von Los Angeles,
Santa Barbara und Salt Lake City und das Stanford Research Institute verbinden sollte.
Informatikstudenten und Netzwerkprofis trafen sich, um miteinander zu diskutieren, wie
ein solches (für damalige Verhältnisse gesehen) sinnloses Unding aussehen sollte. Da
nicht alle Uni-Computer die gleichen Betriebssysteme hatten, mussten ihnen kleine
Minicomputer vorgeschaltet werden, um überhaupt eine Kommunikation auf gleicher Ebene
zu gewährleisten. Ausserdem mussten die Computer irgendwie die gleiche Sprache
sprechen; technisch gesprochen heisst das, sie mussten die gleichen Protokolle haben.
|
Das ganze entwickelte sich rasch zum Arpanet, das tatsächlich die vier Institute
miteinander verband. Natürlich war jetzt das Interesse der Informatiker geweckt, und am
Arpanet wurde eifrig weitergeforscht. So dehnte es sich mehr und mehr aus, und es
entstand die erste Gemeinschaftsstruktur von Netzbenützern. Das Militär, das ja zu
Beginn Auftraggeber gewesen war, klinkte sich nach dieser Probephase aus und zog sich
in sein eigenes Netz zurück.
|
FTP, Telnet, E-Mail, TCP/IP & Co.
|
Schon bald wucherte es im Arpanet nur so von Programmen. Jeder Informatiker wollte doch
sein eigenes Netzprogramm entwickeln. Zu den drei wichtigsten, die heute noch in vollem
Einsatz sind, gehören Telnet, File Transfer und - wohl allen Studis ein Begriff -
E-Mail. Mit Telnet kann man von einem beliebigen Ort aus auf einem beliebigen Rechner
arbeiten. Das File Transfer Protocol (FTP) ermöglicht es, Daten von einem Rechner auf
den anderen zu kopieren. Und das E-Mail schickt, ähnlich wie FTP, einen Text oder eine
Datei an eine beliebige Adresse.
|
Das Wachstum des Arpanet wurde unterstützt durch diverse weitere technische
Innovationen: 1977 kam der erste Personal Computer von Apple auf den Markt. Das
Zeitalter der selbständig rechnenden PC’s war angebrochen. 1981 doppelte IBM mit dem
IBM PC nach. Zwei Jahre später wurde eine einheitliche Computer-Kommunikationssprache
eingeführt: TCP/IP, das Transmission Control Protocol/Internet Protocol. Dieses
Protokoll steht für unzählige Befehle, wie sich die Computer im Netz miteinander
verständigen sollten, unabhängig von deren Hardware oder Betriebssysstem. Nun war es
allen Computern möglich, sich ins Netz einzuschalten. Aus dem Arpanet wurde das
Internet. Vorerst war das Internet jedoch vornehmlich eine Insidersache der (meist)
amerikanischen Universitäten. Man wollte sich das Forschen leichter machen, indem man
ganz einfach die Unis elektronisch miteinander verband und ihnen so die Möglichkeit
gab, ohne lästigen Arbeits- und Zeitaufwand miteinander zu kommunizieren. Die
Privatwirtschaft hatte eher wenig Interesse an solcher Kommunikation. Das änderte sich
aber spätestens, als 1991 im Genfer CERN das World Wide Web (WWW) kreiert wurde. Schon
ein Jahr später erfand ein cleverer Oxford-Absolvent das Internet-surfen. Und seitdem
vergeht kein Tag, an dem nicht irgendwo irgendwelche News übers Internet publiziert
werden.
|
Das Internet erfährt seit einigen Jahren ein unglaubliches Wachstum: waren es 1990 noch
313’000 Hosts (zentrale Rechner), die darauf zugriffen, stieg die Zahl innerhalb von
vier Jahren auf über drei Millionen. Doch das Wachstum ging nicht etwa linear, sondern
eher exponentiell weiter: bis Beginn 1996 verdreifachte sich die Zahl auf 12 Millionen;
nach ungefähren Schätzungen soll die Zahl der Internet-Benützer Ende 97 bei über 80
Millionen liegen. Ein Ende des Wachstums ist nicht abzusehen.
|
Natürlich war dieses ungeheure Wachstum nicht nur möglich dank den Interessen der
Universitäten und der Privatwirtschaft, auch die Computerbranche witterte im Internet
den goldigen Segen. Das meiste, was heute programmiert wird, hat noch irgendeine
Internetfunktion oder kann zumindest noch daraufhin erweitert werden. Vor allem die
grossen Softwareunternehmen sind natürlich daran interessiert, das Internet zum nötigen
Übel für jeden Computerbenützer zu machen; allen voran Netscape und Microsoft.
Microsoft-Mogul Bill Gates sieht im Internet eine neue Computer-Ära: die totale
interaktive Welt, wo Fernsehen, Computer und Internet zu einer einzigen multimedialen
Alleskönnermaschine zusammenschmelzen. Da könnten dann zum Beispiel die TV-Kanäle als
Bildschirmschoner benützt werden, wenn man mal gerade nicht surfen will. Oder Filme
liegen zentral in einer Datenbank und können beliebig abgerufen werden. Es wird dann
auch nicht mehr drauf ankommen, ob man seine Daten bei sich zuhause abspeichert oder
auf einem Internet-Server. Es ist dann möglich, alles überall und jederzeit abfragen zu
können; kurz: Interaktivität total.
|
Und wie sieht die Zukunft aus?
|
Das riecht im Moment zwar alles noch nach Zukunftsmusik, doch vieles ist schon heute im
Kommen. Bereits bei der nächsten Windows-Version werden Internet und Betriebssystem
mehr oder weniger zusammenschmelzen und einheitlich bedienbar sein. Versuche, das
Internet über das TV-Kabelnetz anzubieten, sind nicht nur in Amerika im Gange, sondern
auch in der Schweiz. Auch PC’s, die gleichzeitig Fernseher und Internet-Terminals sind,
existieren bereits.
|
Ausserdem erfreut sich das Internet auch eines sehr grossen Goodwills der
amerikanischen Regierung - Amerika ist und bleibt das führende Land in Sachen Internet
- was allfällige lästige juristische Hindernisse hinfällig macht. Bill Clinton kündigte
vor einigen Monaten an, er wolle sämtliche Zollschranken im Internet abbauen und das
Netz zur globalen Freihandelszone erklären. Allein das wäre doch schon Grund genug für
die kleinsten Unternehmen, ihre eigene Homepage zu basteln und die Produkte online
anzubieten. Grössere Firmen sind sowieso bereits online. Und wer nicht mindestens eine
eigene E-Mail-Adresse anzubieten hat, wirkt zumindest in Amerika schon heute etwas
hinter dem Mond. Vielleicht macht man anstelle des wöchentlichen Einkaufbummels in
Zukunft lieber einen Morgen lang Cyber-Shopping, wer weiss..?
|
|
[Inhaltsverzeichnis]
[vorheriger]
[nächster]
|
|
|
|
|
|