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Internet - Geschichte einer

 Computerrevolution

Von Lukas Mira

Die ganze Welt spricht seit kurzem vom "Netz der Netze". Man könnte meinen, dass diejenigen, die sich nicht schon bald online schalten, langsam aber sicher zu sozialen Outsidern verkommen. Wie war eine solche Entwicklung in so kurzer Zeit überhaupt möglich? Hier ein kleiner Blick in die Vergangenheit des Internet - und in die Zukunft.

Der Computer wird zu Recht als die Erfindung des Jahrhunderts bezeichnet. Er veränderte unsere Gesellschaft so nachhaltig wie wenige andere Erfindungen zuvor. Das jetzige Zeitalter der Mikrochips eröffnet uns noch nie dagewesene Möglichkeiten in fast allen Bereichen des Lebens.

Doch je länger je mehr kommt zum eigentlichen Arbeitsinstrument Computer eine weitere Komponente hinzu, die immer bedeutender wird: Netzwerke. Computernetzwerke arbeiten zwar meist im Hintergrund und sind gegen aussen dementsprechend unauffällig, doch übernehmen sie mittlerweile ungeheuer wichtige Aufgaben. Ohne solche Netzwerke würde heutzutage keine Bahn mehr fahren und kein Flieger mehr fliegen. Banken und Börsen wären lahmgelegt, die meisten Armeen könnten keine Kriege mehr führen und internationale Grossunternehmen hätten ein Kommunikationsproblem. Sei es am Bahnschalter, am Bankomat oder an der EC-Kasse: im Hintergrund steht immer ein Netzwerk, das die einzelnen Computer verbindet und ihnen ermöglicht, zentrale Informationen schnell und einfach abzufragen. Seit einigen Jahren ist nun eines dieser Netzwerke in aller Munde: das Internet. Das Internet ist insofern ein Spezialfall, als dass es das erste Netz ist, das kommerziell genutzt werden kann. Deshalb ist es wohl auch so populär. Denn die Zeiten, in denen der Zugriff auf Netzwerke nur ein Privileg von geschulten Informatikern war, sind spätestens seit dem World Wide Web vorbei. Und das ist eigentlich noch gar nicht so lange her, wenn man ein Auge auf die Geschichte wirft.

Ursprünglich eine militärische Idee

Der Grundgedanke zu dem, was man heute als Internet kennt, stammt aus den frühen sechziger Jahren. Mitten im Kalten Krieg hatte die amerikanische Armee die Vision, ein Netzwerk zu bauen, das imstande wäre, einen Atomkrieg zu überstehen. Doch wie müsste ein solches Netz gebaut sein? Vor allem müsste es vom Gegner weder identifiziert noch zerstört werden können. Und hier lag auch die eigentliche Innovation der Überlegung: das Netz dürfte von keiner zentralen Autorität aus gesteuert werden, sondern aus lauter kleineren, gleichberechtigten Knotenpunkten bestehen, die untereinander verkettet sein sollten. Dies hätte den Vorteil, dass das Netzwerk auch dann noch funktionieren würde, wenn es teilweise zerstört oder zerschnitten wäre. Ohne zentrale Recheneinheit hätte der Gegner ausserdem keine Zielscheibe.

Eine weitere Innovation lag darin, dass das Netz nicht leitungsvermittelt, sondern paketvermittelt arbeiten sollte. Ein leitungsvermitteltes Netz baut eine Verbindung zwischen Sender und Empfänger auf, übermittelt die Nachricht und baut die Verbindung anschliessend wieder ab. Ist das Kabel oder eine Schaltstelle lädiert, kann nichts übermittelt werden. Ein paketvermitteltes Netz arbeitet anders: die zu übermittelnde Nachricht wird zuerst in Pakete zerschnitten, darauf wird jedes Paket einzeln auf separatem Weg übers Netz geschickt. Natürlich enthält jedes Paket eine Ausgangs- und Zieladresse und eine Nummer, so dass die Stücke am Zielort wieder zur Nachricht zusammengesetzt werden können. Geht ein Stück verloren, wird es erneut angefordert. Ein solches Netz strotzt zwar nicht vor Effizienz, ist dafür umso robuster. Für militärische Belange also ideal.

Startjahr 1968

Die Verwirklichung eines solchen Netzwerkes musste dann aber noch einige Jahre warten. Im August 68 gab die dem amerikanischen Verteidigungsdepartement unterstellte Advanced Research Projects Agency (Arpa) einen Auftrag an ein amerikanisches High-Tech-Unternehmen, ein Netzwerk zu bauen, das vorerst die Unis von Los Angeles, Santa Barbara und Salt Lake City und das Stanford Research Institute verbinden sollte. Informatikstudenten und Netzwerkprofis trafen sich, um miteinander zu diskutieren, wie ein solches (für damalige Verhältnisse gesehen) sinnloses Unding aussehen sollte. Da nicht alle Uni-Computer die gleichen Betriebssysteme hatten, mussten ihnen kleine Minicomputer vorgeschaltet werden, um überhaupt eine Kommunikation auf gleicher Ebene zu gewährleisten. Ausserdem mussten die Computer irgendwie die gleiche Sprache sprechen; technisch gesprochen heisst das, sie mussten die gleichen Protokolle haben.

Das ganze entwickelte sich rasch zum Arpanet, das tatsächlich die vier Institute miteinander verband. Natürlich war jetzt das Interesse der Informatiker geweckt, und am Arpanet wurde eifrig weitergeforscht. So dehnte es sich mehr und mehr aus, und es entstand die erste Gemeinschaftsstruktur von Netzbenützern. Das Militär, das ja zu Beginn Auftraggeber gewesen war, klinkte sich nach dieser Probephase aus und zog sich in sein eigenes Netz zurück.

FTP, Telnet, E-Mail, TCP/IP & Co.

Schon bald wucherte es im Arpanet nur so von Programmen. Jeder Informatiker wollte doch sein eigenes Netzprogramm entwickeln. Zu den drei wichtigsten, die heute noch in vollem Einsatz sind, gehören Telnet, File Transfer und - wohl allen Studis ein Begriff - E-Mail. Mit Telnet kann man von einem beliebigen Ort aus auf einem beliebigen Rechner arbeiten. Das File Transfer Protocol (FTP) ermöglicht es, Daten von einem Rechner auf den anderen zu kopieren. Und das E-Mail schickt, ähnlich wie FTP, einen Text oder eine Datei an eine beliebige Adresse.

Das Wachstum des Arpanet wurde unterstützt durch diverse weitere technische Innovationen: 1977 kam der erste Personal Computer von Apple auf den Markt. Das Zeitalter der selbständig rechnenden PC’s war angebrochen. 1981 doppelte IBM mit dem IBM PC nach. Zwei Jahre später wurde eine einheitliche Computer-Kommunikationssprache eingeführt: TCP/IP, das Transmission Control Protocol/Internet Protocol. Dieses Protokoll steht für unzählige Befehle, wie sich die Computer im Netz miteinander verständigen sollten, unabhängig von deren Hardware oder Betriebssysstem. Nun war es allen Computern möglich, sich ins Netz einzuschalten. Aus dem Arpanet wurde das Internet. Vorerst war das Internet jedoch vornehmlich eine Insidersache der (meist) amerikanischen Universitäten. Man wollte sich das Forschen leichter machen, indem man ganz einfach die Unis elektronisch miteinander verband und ihnen so die Möglichkeit gab, ohne lästigen Arbeits- und Zeitaufwand miteinander zu kommunizieren. Die Privatwirtschaft hatte eher wenig Interesse an solcher Kommunikation. Das änderte sich aber spätestens, als 1991 im Genfer CERN das World Wide Web (WWW) kreiert wurde. Schon ein Jahr später erfand ein cleverer Oxford-Absolvent das Internet-surfen. Und seitdem vergeht kein Tag, an dem nicht irgendwo irgendwelche News übers Internet publiziert werden.

Das grosse Wachsen

Das Internet erfährt seit einigen Jahren ein unglaubliches Wachstum: waren es 1990 noch 313’000 Hosts (zentrale Rechner), die darauf zugriffen, stieg die Zahl innerhalb von vier Jahren auf über drei Millionen. Doch das Wachstum ging nicht etwa linear, sondern eher exponentiell weiter: bis Beginn 1996 verdreifachte sich die Zahl auf 12 Millionen; nach ungefähren Schätzungen soll die Zahl der Internet-Benützer Ende 97 bei über 80 Millionen liegen. Ein Ende des Wachstums ist nicht abzusehen.

Natürlich war dieses ungeheure Wachstum nicht nur möglich dank den Interessen der Universitäten und der Privatwirtschaft, auch die Computerbranche witterte im Internet den goldigen Segen. Das meiste, was heute programmiert wird, hat noch irgendeine Internetfunktion oder kann zumindest noch daraufhin erweitert werden. Vor allem die grossen Softwareunternehmen sind natürlich daran interessiert, das Internet zum nötigen Übel für jeden Computerbenützer zu machen; allen voran Netscape und Microsoft. Microsoft-Mogul Bill Gates sieht im Internet eine neue Computer-Ära: die totale interaktive Welt, wo Fernsehen, Computer und Internet zu einer einzigen multimedialen Alleskönnermaschine zusammenschmelzen. Da könnten dann zum Beispiel die TV-Kanäle als Bildschirmschoner benützt werden, wenn man mal gerade nicht surfen will. Oder Filme liegen zentral in einer Datenbank und können beliebig abgerufen werden. Es wird dann auch nicht mehr drauf ankommen, ob man seine Daten bei sich zuhause abspeichert oder auf einem Internet-Server. Es ist dann möglich, alles überall und jederzeit abfragen zu können; kurz: Interaktivität total.

Und wie sieht die Zukunft aus?

Das riecht im Moment zwar alles noch nach Zukunftsmusik, doch vieles ist schon heute im Kommen. Bereits bei der nächsten Windows-Version werden Internet und Betriebssystem mehr oder weniger zusammenschmelzen und einheitlich bedienbar sein. Versuche, das Internet über das TV-Kabelnetz anzubieten, sind nicht nur in Amerika im Gange, sondern auch in der Schweiz. Auch PC’s, die gleichzeitig Fernseher und Internet-Terminals sind, existieren bereits.

Ausserdem erfreut sich das Internet auch eines sehr grossen Goodwills der amerikanischen Regierung - Amerika ist und bleibt das führende Land in Sachen Internet - was allfällige lästige juristische Hindernisse hinfällig macht. Bill Clinton kündigte vor einigen Monaten an, er wolle sämtliche Zollschranken im Internet abbauen und das Netz zur globalen Freihandelszone erklären. Allein das wäre doch schon Grund genug für die kleinsten Unternehmen, ihre eigene Homepage zu basteln und die Produkte online anzubieten. Grössere Firmen sind sowieso bereits online. Und wer nicht mindestens eine eigene E-Mail-Adresse anzubieten hat, wirkt zumindest in Amerika schon heute etwas hinter dem Mond. Vielleicht macht man anstelle des wöchentlichen Einkaufbummels in Zukunft lieber einen Morgen lang Cyber-Shopping, wer weiss..?


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09.06.06 17:03


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